Skalarian
Der letzte Schlag hatte ihn hart am Kopf getroffen. Skalarian wurde schwindelig, als plötzlich ein lautes Knurren erklang. Seine sich schließenden Augen erblicken als letztes den kantigen Kopf eines riesigen Panthers, welcher den Jäger ansprang. Das Geräusch von krachenden Knochen war das letzte was er hörte, bevor ihn gnädige Dunkelheit einhüllte.

Die ganze Szene schien er noch einmal von weit weit oben in der Luft zu beobachten:

Wie er den Jäger gefunden, ihn zu Rede gestellt hatte. Es war keine Sünde zu jagen in den Augen des jungen Bundlers, doch was dieser Mann tat entbehrte jeglicher Vernunft. Er jagte ohne Hungrig zu sein. Sein einziges Ansinnen schien das Trainieren seiner Fertigkeit zu töten zu sein. Mit allem hatte der junge Mann gerechnet, mit einer frechen Antwort, einem davonlaufen. Nicht jedoch mit dem, was dann folgte. Eine rasche Folge von Schwerthieben. ..

Wie ein Vogel über allem schwebend beobachtete Skalarian alles noch einmal in seinem Traum.

Als er aufwachte, befühlte er zunächst seinen Arm, an dem ihn der letzte Schwerthieb getroffen hatte. Doch was er fühlte war nicht die nasse Wärme seines Blutes, sondern weiches, flauschiges Fell. Ein Blick aus den verklärten Augen offenbarte ihm abermals das "Gesicht" des riesigen Panthers. Von wildem Schrecken getroffen erhob er sich um davon zu taumeln. Und der schlanke schwarze Schatten glitt hinter ihm her.

Fiebernd und taumelnd sahen die Tiere in diesen Tagen eine Gestalt durch die riesigen Wälder der neuen Welt taumeln. Und einen schlanken Schatten hinter ihr dahingleiten......

Doch alle Schwäche vergeht, wenn hinter dem schwachen Leib nur ein starker Wille steht, so sagt man, und so ließ das Fieber langsam nach und Skalarian erholte sich ein wenig. Nun sah er auch, dass er sein Leben jenem Tier zu verdanken hatte, und tief in ihm dämmerte die Erkenntnis, dass es mehr war als nur das bloße Leben.

In jenen Tagen hatte er eine Einsicht in das Leben gewonnen, wie er sie in 18 langen Sommern nicht gefunden hatte.

Schon seit Kester´s Lehrstunden hatte er geglaubt die magische Matrix, die alles umgab zu kennen, sie zu verstehen. Er musste lächeln als nun daran dachte, wie anmaßend und stolz er als der junge Akademiker gewesen war.

Nun hatte er ein weit größeres Verständnis gewonnen, ganz ohne Studien. Es ging darum, seinen Geist auszuschicken, das Gleichgewicht der Welt zu erspüren. Die Harmonie der Schwingungen des Lebens zu begreifen.

Sein Blick fiel auf den Panther. Das schlanke Tier hatte sich ihm nie wieder so angenähert seit seiner Verletzung, doch er spürte das es da war, allgegenwärtig. Ein Name wäre für das prächtige Männchen passen, doch er wusste, dass alle Tiere einen Namen hatten. Es wiederstrebte ihm einfach einen willkürlich auszuwählen. Für ein jeden hatte das Schicksal einen ausgewählt. Bis es ihm in einer klaren Sternennacht dämmerte: Serkal. Ein stolzer Name für ein stolzes, mutiges Tier. Er sah auf. Und in einigen Metern Abstand sah er die grünen Augen im Mondlicht glänzen. Und wusste, dass er wohl getan hatte.

Die Tage flogen dahin. Aus dem Irren im Wald wurde ein geruhsames Wandern, und Skalarian lernte, sein Auge zu schärfen für die Dinge des Waldes. Ein Blatt war nicht nur einfach irgendein "Ding", sondern etwas lebendiges, ein kleiner Kosmos in sich. Jene Blattadern, durch sie war einmal das Lebenselixier des Baumes geflossen, bis er das Blatt aus energetischem Verhube abgeworfen hatte, und nun diente es als Nahrung der Käfer und Ameisen. Und langsam lernte er, die Sprache der Bäume zu verstehen. Sie sagten einem selbst in der Nacht die Richtung, selbst wenn es bewölkt ward. Da war man nicht mehr auf Sterne oder Sonnenstand angewiesen. ein Blick auf den nächsten Baum, und er wusste die Himmelsrichtungen. Die bemooste Seite war immer die Südliche, die etwas kahlere die Nördliche Himmelsrichtung. Die Natur war voller Gnade zu Jenen, die sie verstanden.

Und so blieb viel Zeit zum meditieren und denken. Der junge Mann musste lächeln wenn er an seinen früheren Hass auf die Elfen dachte. Hass war oft die einfache Hilflosigkeit des Verständnisses, erkannte er. Es galt sein Herz mit Frieden und Weisheit zu füllen. Der Mut ging Hand in Hand mit der Bestimmung. Wer seine Bestimmung gefunden, der war auch mutig, so dachte Skalarian.

Und so wäre er vermutlich bis zu seinem friedvollen Ende gewandert, hätte er nicht das Lager des nun toten Jägers gefunden.

Und seine Genossen...

...Schon der erste Blick brachte ihn zum Würgen. Halb ausgeweidete Tierkadaver lagen auf der Lichtung umher, blutige Pfeile in ihren Hälsen. Eine Ohnmächtige wut begann in dem jungen Mann hochzusteigen. Ein wütender Schrei entrang sich seiner Kehle. Und fast zu spät sah er die Jäger ihre Bögen spannen und auf ihn anlegen. Mit einem Sprung brauchte er sich hinter dem nächsten Baum in Sicherheit und noch im Sprung schreiend: "Corp Por". Die wabernde Energiewelle die sich aus seinen Händen löste traf den ersten der Jäger und ließ seine Brust förmlich explodieren. Mit einem gurgelnden Schrei starb der Mann beinahe auf der Stelle. Die restlichen Jäger zögerten. Doch ein "Vas Ort Flam" seitens ihres unheimlichen Gegners brachte sie ins laufen. Und sie sahen nicht die riesige Katze die aus dem Gebüsch kroch und leise zu ihrer Verteidigung ansetzte. Erst als das mahlende Krachen eines der Männer die Stille des Waldes erschütterte blickte sich der letzte der Jäger um. Um einem gut drei Spann durchmessenden Feuerball ins Auge zu sehen. Mit brennenden Kleidern und verbrannter Haut rannte er davon.

Skalarian folgte ihm nicht.

Doch als er die Leichen um sich herum sah, wusste er das er eine Bestimmung hatte. Es galt die Lehre der Natur in der Welt zu verbreiten.

Und als der junge Mann aus dem Saum des Waldes hervortrat war ein anderer, versteckter Zug in seine samtschwarzen Augen getreten.

Es war der latent lodernde Fanatismus...